Dirk Waldschmidt, geboren 1965, Rechtsanwalt mit einer Kanzlei im beschaulichen Dorf Schöffengrund ist ein Neonazi. Der Pilotenbrillenträger, dessen Kanzlei in der Unteren Weingartenstraße 6 zu bewundern ist, hat seinen Platz in der dörflichen Idylle gefunden, denn so genau weiß ja niemand was dieser Anwalt so macht. Jedoch ist er nicht irgendein Neonazi, der aus Versehen Jura studierte, Waldschmidt mausert sich seit einigen Jahren zu einer Schlüsselperson des militanten Neonazismus – ohne jedoch selbst tätig zu werden. Eine Bildunterschrift in der Rhein Zeitung brachte es auf den Punkt: „Wo extrem Rechtsgesinnte vor Gericht stehen, ist Rechtsanwalt Dirk Waldschmidt nicht weit“.
Angesichts dieser Charakterisierung ist es alles andere als überraschend, dass Dirk Waldschmidt bei den aktuell wichtigsten Prozessen gegen militante Neonazis zugegen ist; Ende 2013 auch im Prozess gegen die rechten Mörder und Terroristen des Nationalsozialistischen Untergrunds (NSU). Vor einigen Jahren trat Waldschmidt noch selbst für die NPD an, jetzt ist er fast ausschließlich als Anwalt für die Partei und die Neonaziszene tätig. Im Folgenden soll die Kontinuität der Aktivitäten von Dirk Waldschmidt umrissen werden, der als Rechtsanwalt der Neonazigewalt in Deutschland die Steigbügel hält.
Dirk Waldschmidt – Neonazi mit Einsatz
Dirk Waldschmidt wurde 1965 im Rheinlandpfälzischen Bonn geboren. In Hessen betrat der studierte Jurist 2006 die Bühne: Waldschmidt kandidierte für die NPD bei den Bürgermeisterwahlen in Altenstadt im hessischen Wetteraukreis – der erste Versuch für die Neonazipartei ein Amt in den regionalen Parlamenten zu ergattern. Gleichzeitig zu seinen Ambitionen als Kleinstadt-Bürgermeister folgt die Wahl in den Landesvorstand der NPD Hessen. Dort bekleidete er für einige Jahre Ämter. Bei der Landtagswahl 2008 stand er dann letztmalig auf einer Landeswahlliste, zuvor kandidierte er für die NPD bei weiteren Wahlen auf Regionalebene zum Bürgermeister und Landrat, zum Beispiel im Städtchen Butzbach, jedoch ohne beobachtbare Erfolge. Die Umstände seines Abtretens aus der Regionalpolitik der NPD sind jedoch für einen NPD Funktionär recht pikant.
Schon während seiner Amtszeit als stellvertretender NPD Landesvorsitzender war Dirk Waldschmidt als Anwalt für die Neonazi-Szene tätig. In diesem Zusammenhang wurden Ermittlungen gegen ihn und den damaligen NPD Landesvorsitzenden, Marcel Wöll, aufgenommen. So soll Wöll am 29. August 2004 in Hünstetten-Görsroth (Rheingau-Taunus-Kreis) im Zuge von Neonazi-Revierkämpfen einen Mann niedergestochen haben. Lange Zeit galt ein ehemaliger Kamerad Wölls als Tatverdächtiger, dessen Familie wohl von seinem Anwalt Dirk Waldschmidt unter Druck gesetzt wurde, Wöll nicht zu beschuldigen. Der Vater des Tatverdächtigen beging Mitte 2006 Selbstmord und beschuldigte in seinem Abschiedsbrief Wöll, die Tat begangen zu haben. Wöll und Waldschmidt standen nun beide vor Gericht: Wöll wegen gefährlicher Körperverletzung und Waldschmidt wegen Strafvereitelung, Nötigung und der Verletzung von Privatgeheimnissen. Dirk Waldschmidt soll diesen Anschuldigungen zufolge versucht haben durch Erpressung den Landeschef vor der Anklage zu schützen. Juristisch ging der Fall glimpflich aus: Waldschmidt wurde freigesprochen, da keine belastbaren Beweise vorlagen. Es drohten ihm Berufsverbot und Haftzeit. Nach diesem Prozess im Jahr 2008 legten Waldschmidt und Wöll, angeblich aus privaten Gründen, ihr Amt nieder und kandidierten kein einziges Mal mehr für die NPD in regionalen oder überregionalen Parlamenten. Wöll saß in der Folge einige Monate im Gefängnis, wegen Holocaustleugnung. Er hatte im Kreistag der Wetterau im Bezug auf den Holocaust vom „sogenannten nationalsozialistischen Terror“ gesprochen. Nach verbüßter Haftstrafe zog Wöll direkt nach Thüringen.
Ab 2008 tauchte Waldschmidt nur noch bei dem einen oder anderen Neonaziaufmarsch auf, beispielsweise in Wetzlar 2008 und Friedberg 2009, aber insgesamt wurden seine Auftritte rarer und er verlagerte sich mehr und mehr darauf Neonazis ins Gericht zu begleiten, als bei Aufmärschen mitzumarschieren.
Mandate – Partei, Molotowcocktails und Mordanschläge
Dirk Waldschmidt ist als Rechtsanwalt der Neonaziszene mehr als aktiv, die Liste der übernommenen Mandate ist mit prominenten Neonazis gespickt. Egal ob diese durch ihre Parteiämter oder durch ihre Taten zweifelhaften Ruhm erlangten. Jedoch scheint Waldschmidt nicht nur Einzelschicksale zu vertreten. Die dokumentierten Fälle lassen in ihm den Haus-und-Hof Anwalt der hessischen NPD vermuten, zumindest seit Mitte der 2000er Jahre. Auch die NPD selbst scheint das so zu sehen: Des öfteren wurde er als „Prozeßbevollmächtigter Rechtsanwalt der hessischen NPD“ benannt. Für die Neonazipartei NPD ist Waldschmidt also ein notwendiges Glied ihrer Politik – nicht nur persönlich ist er ein weiterer Aktivist – er stützt die menschenverachtende Agitation und Programmatik durch den professionellen juristischen Beistand.
Waldschmidt schafft so problemlos seine Ideologie und seinen Beruf zu verknüpfen. Neben Verfahren für die NPD, vertrat er Parteifunktionäre wie Doris Zutt – damals noch Aktivistin im Lahn-Dill-Kreis oder den schon erwähnten, nach Thüringen verzogenen Marcel Wöll, aber auch eine Reihe Neonazis, die eher im Spektrum der Freien Kameradschaften zu verorten sind. Obwohl auch schon NPD Kader wie Marcel Wöll einiges auf dem juristischen Kerbholz haben, kann man an gewalttätigen Neonazis aus den Kameradschaften erahnen, wie weit die Unterstützung des NPD-Anwalts für die „nationale Sache“ geht.
Anfang 2009 verteidigte Dirk Waldschmidt einen weiteren Neonazi. Kevin Schnippkoweit, langjähriger Naziaktivist und Mitglied der Freien Kräfte Schwalm Eder, hatte 2008 am Neuenhainer See (Schwalm Eder) mit seinen Kameraden ein Zeltlager der Linksparteijugend überfallen und ein 13 jähriges Mädchen mit einem Klappspaten in die Intensivstation geprügelt. Waldschmidt zögerte mit seiner Prozesstaktik die Verurteilung hinaus, indem er in Berufung gegen das erste Urteil ging. Denn Schnippkoweit war (natürlich) betrunken und es tat ihm auch (ganz doll) leid, ein Aussteiger sei er obendrein – so die Verteidigung. Dass es mit Schnippkoweits Aussteigertum aus der Naziszene nicht sehr weit her ist, wenn er von einem NPD Funktionär verteidigt wird war dann jedoch nicht weiter Thema.
2010 reihte sich ein weiterer prominenter Prozess gegen militante Neonazis in Waldschmidts Vita ein. Francesco Marcotrigiano verübte Anfang des Jahres 2010 zusammen mit 3 weiteren Neonazis einen
Brandanschlag mit Molotowcocktail auf das Haus des evangelischen Pastoralreferent in Wetzlar, der sich regelmäßig gegen die umtriebige Naziszene aussprach. Marcotrigiano schleuderte als Haupttäter einen Molotowcocktail gegen das Haus und nahm damit in Kauf, dass mehrere Menschen dabei ihr Leben verlieren könnten. Er und seine Kameraden kamen aus dem Umfeld der sogenannten Anti-Antifa und der Autonomen Nationalisten Wetzlar. Dirk Waldschmidt war bei dem juristischen Tauziehen um die Bestrafung des Mordanschlags natürlich an der Seite der jungen Neonazis und versuchte die Folgen abzumildern. Denn: Es tat ihnen ja (natürlich) sehr Leid und sie waren (ganz schlimm) betrunken. Aussteiger seien sie auch und mit Politik hatte das Ganze ja auch nichts zu tun. Dies behauptete zumindest wenig glaubwürdig die Verteidigung.
Die Liste der Verteidigung von hessischen Neonazis bei ihren Prozessen ließe sich endlos weiterführen. Dirk Waldschmidt, obwohl er „nur“ als Anwalt agiert, ist ein Bindeglied zwischen Parteistrukturen und Freien Kameradschaften.
Seine politische Motivation als Verteidiger wird selten thematisiert, jedoch ist er selbst seit Jahrzehnten ein gefestigter Neonazi und versucht mit seinem Handeln die Konsequenzen für skrupellose, bis zum Mordanschlag gehende Neonazis vor Gericht so gering wie möglich zu halten. Das heißt effektiv: Für einen Brandanschlag auf Nazigegner bekommen rechte Schläger dank Waldschmidt nur geringe Haftstrafen.Die Prozesstaktik gleicht sich dabei oft: Gewalttaten aus rechter Motivation werden entpolitisiert, es tut den Beschuldigten immer „sehr leid“, es war Alkohol im Spiel und zu guter Letzt verpflichten sich die Neonazis zur Teilnahme an Aussteigerprogrammen. Meist entspricht keine einzige dieser Ausreden und Beteuerungen nur annähernd der Realität. Doch selbst wenn ein Neonazi nach der Schlägerei, Brandstiftung oder Mordanschlag sich von der aktiven Szene zurückzieht – die rechtsstaatliche Konsequenz für neonazistische Gewalt bleibt auch dank rechten Neonazianwälten wie Dirk Waldschmidt gering.
Verteidigung des Aktionsbüro Mittelrhein
Zuletzt war Waldschmidt auch bei den beiden wohl prominentesten Verfahren gegen Neonazis in der BRD zugegen. Bei dem 2012 eingeleiteten Mammutverfahren in Koblenz handelt es sich um das Verfahren gegen 26 Mitglieder des sogenannten „Aktionsbüro Mittelrhein“ (ABMR), die wegen der Bildung einer kriminellen Vereinigung, Körperverletzung, schwerem Landfriedensbruchs und der Verwendung verfassungswidriger Kennzeichen angeklagt sind. Dirk Waldschmidt verteidigt in diesem Verfahren den mutmaßlichen Angehörigen des ABMR Marc Michels. Etwas diffus wird den Neonazis vom ABMR vorgeworfen eine Revolution und die Errichtung eines Staates nach nationalsozialistischem Vorbild geplant zu haben. Konkret hieß das: Gewalt und alltäglicher Terror gegen vermeintliche Nazigegner und Menschen mit der „falschen“ Hautfarbe.
Das Verfahren wird von einer Solidaritätskampagne der NPD Jugendorganisation JN begleitet, zudem sind verbleibende Strukturen in die Partei aufgegangen. Durch die schiere Anzahl, das geringe öf-
fentliche Interesse und der großen Anzahl an bundesdeutschen Nazianwälten ist es den angeklagten Neonazis gelungen den Gerichtsaal in Koblenz zu ihrem Wohnzimmer zu machen. Und die rechten Anwälte die sie vertreten helfen dabei kräftig mit. Kein Wunder dass Waldschmidt bei diesem Mammutprozess nicht fehlt – Neonazis, Gewalt und die NPD sind schließlich auch da.
Prozess gegen die Mörder und Terroristen des NSU
Im April 2013 wurde der Prozess gegen den Nationalsozialistischen Untergrund (NSU) eröffnet. Die rechte Terrorgruppe ermordete 10 Menschen und verübte unter anderem einen verheerenden Nagelbombenanschlag. Im Jahr 2011 flog die Gruppe auf. Ein Teil des Unterstützernetzwerks und die einzige Überlebende der Gruppe steht nun in München vor Gericht.
Im November 2013 hatte bei dem Prozess – nicht sonderlich überraschend – auch Dirk Waldschmidt seinen Auftritt. Er tauchte mit dem Zeugen Andre Kapke auf. Kapke war einer der Hauptakteure des Netzwerkes Thüringer Heimatschutz und ist jetzt Mitglied der Kameradschaft Nationaler Widerstand Jena, also genau den Strukturen, aus denen die rechten Terroristen kamen. Dass er einen Anwalt nötig hat sieht wohl auch die Bundesanwaltschaft so – sie hält den Zeugen keineswegs für einen Unbeteiligten, der sich nur zufällig im Umfeld des NSU aufhielt. Kapke ist jedoch mehr als ein normaler Zeuge, er muss höllisch aufpassen was er im Prozess sagt. Ein bisschen zu viel und es dürfte auch für ihn bedeuten als Unterstützer des Terrors zu gelten. Anderseits ist Kapke noch weiterhin in der Naziszene verankert und könnte es sich ganz schnell bei den Kameraden verschätzen. Ein Anwalt ist in einer solchen Neonazi-Zwickmühle sinnvoll – wer würde sich da besser eignen als der Hesse Dirk Waldschmidt, der bereitwillig die Rolle des Aufpassers vor Gericht spielt. Der Vorsitzende Richter stellte nach ungeniertem Vorflüstern der Antworten in Kapkes Ohr fest, dass RA Waldschmidt wohl „souffliere“.
Folglich kann nur angenommen werden dass Waldschmidt dem juristischen Davonkommen eines Unterstützers des Neonazi-Terrors reichlich unter die Arme gegriffen hat.
Dirk Waldschmidt – der Bewegungsanwalt
Dass Dirk Waldschmidt für so ein breites Klientel in der Naziszene zur Verfügung steht, untermauert sein eigenes politisches Weltbild. Oft argumentiert er mit Wohlwollen gegenüber dem politischen Anliegen der Neonazis vor Gericht. Zwar ist er stets um ein seriöses Auftreten bemüht, dies gelingt ihm jedoch mal besser und mal schlechter. Unterm Strich ist er jedoch für die hessische Neonaziszene die Anlaufstelle Nummer Eins wenn es um Strafverfahren aller Art geht. Und auch bundesweit macht sich Dirk Waldschmidt einen Namen. Dabei steht es für uns außer Frage, dass es in Waldschmidts Gesinnung niemals einen Bruch gab und dass er ein Anwalt ist , der sich bereitwillig in den Dienst des militanten Neonazismus stellt. Denn die Neonazis, die Waldschmidt vertritt haben alle eines gemeinsam: Sie haben ihren Worten Taten folgen lassen – Genau wie es die Terroristen des NSU formulierten.